ZENTEK



169,00 €

2022
1309 Seiten, gebunden
Nomos

ISBN 978-3-8487-7915-4

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Rezensionen

DesignG - Designgesetz mit Gemeinschaftsgeschmacksmusterrecht - Handkommentar

Zentek | Gerstein

DesignG
Designgesetz mit Gemeinschaftsgeschmacksmusterrecht
Handkommentar

Herausgegeben von RAin Dr. Sabine Zentek, FAUrhuMedienR, PA Dipl.-Ing. Hans Joachim Gerstein, LL.M.

Das Designrecht ist in seiner Anwendung von der Rechtsprechung geprägt und dabei nicht immer frei von Widersprüchen. Es erfordert ein tiefergehendes Verständnis der Entstehung und Nutzung von Gestaltungen, insbesondere wenn diese eine technische Funktion haben. Kritische Hinterfragungen und neue Argumentationslinien sind rar.

Der neue Handkommentar
Der HK-DesignG stößt in diese Lücke. Er geht den entscheidenden designrechtlichen Fragen unvoreingenommen auf den Grund. Er dreht argumentativ bildlich gesprochen jeden Stein um und kommt so zu neuen Argumenten, auch bei scheinbar ausjudizierten Themenstellungen. Mit seiner schutzfreudigen Ausrichtung löst er alltägliche Beratungsfragen ebenso wie hochkomplexe und auch unbekannte designrechtliche Sachverhalte - z.B. zum 3D-Druck oder zu künstlicher Intelligenz - rechtssicher.

>>> Prospekt DesignG (PDF-Datei)

Rezensionen

Mitt. Heft 9/2024

„Eine Bereicherung für das Designrecht: Der neue Kommentar DesignG von den Herausgebern Zentek und Gerstein, an dem weiter elf renommierte Autorinnen und Autoren mitgeschrieben haben, macht große Freude. Er unterscheidet sich in vielen Punkten von herkömmlicher Kommentierung:

Zunächst ist ungewöhnlich, dass bereits die erste Auflage mit über 1300 eng bedruckten Seiten erscheint.

Weiter ungewöhnlich ist, dass nicht nur die einzelnen Paragrafen des Designgesetzes im Zusammenhang mit der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung ausführlich kommentiert werden, sondern dass das Werk mit einer nicht nur wissenschaftlich fundierten, sondern auch äußerst spannenden Einleitung zur Entwicklung des Designschutzes beginnt. Darin werden die Entstehung des Designschutzes, der sich vor ca. 150 Jahren aus dem Urheberrecht entwickelt hat, sowie eine historische Abgrenzung zum Urheberrecht, zum Gebrauchsmusterrecht und zum Patentrecht ausführlich beschrieben. Insbesondere wird das Musterrecht während der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus beleuchtet, wobei die Herausgeberin Sabine Zentek durch ihre früheren Veröffentlichungen „Geschichte des Designschutzes“ und „Designer im Dritten Reich“ hier ausgewiesene Expertin ist.

Weiter finden sich im Anschluß an die Kommentierung der einzelnen Paragrafen acht zusätzliche Einzelbeiträge, in denen die Verfasser designrechtliche Themen von aktueller Relevanz ausführlich diskutieren. Dazu zählen das Spannungsverhältnis zwischen Designrechte auf der einen Seite und Urheberrecht, UWG-Nachahmungsschutz und Markenrecht auf der anderen Seite, Designrecht und Künstliche Intelligenz, Designs und 3SD Druck, Entwerferinteressen und Hochschuldesigns.

Weiter fällt beim Durchblättern des Kommentars die ungewöhnliche Fülle von abgebildeten Designs auf, die die Kommentierung anhand von Beispielen lebhaft veranschaulichen.

die Tiefe der Kommentierung ist durchweg beeindruckend: Sie liest sich weniger als reiner Kommentar, sondern vielmehr als Zusammenstellung von Meinungen mit anschließender, wohlbegründeter eigener Auffassung. Der aufmerksame Leser sollte die Auffassungen der Autoren dennoch kritisch hinterfragen, da sie bisweilen von gefestigten Meinungen abweichen oder Entscheidungen in ein bisher unbekanntes Licht rücken.

Der Kommentar wird auch dem Untertitel „Gemeinschaftsgeschmacksmuster“ vollumfänglich gerecht, da stets nicht nur die reine deutsche, sondern auch die gemeinschaftliche Rechtslage mit der gebotenen Sorgfalt diskutiert wird und dort, wo es sich anbietet, auch die nationale Rechtsprechung anderer EU-Mitgliedstaaten Berücksichtigung findet.

Und was ebenfalls besonders ist: Der Kommentar lädt zum Verweilen ein. Egal an welcher Stelle man das Werk aufschlägt, ist man stets verleitet, direkt dort einzutauchen und die aufkommende Neugierde durch vertieftes Weiterlesen zu befriedigen.

Auch wenn die Kommentier regelmäßig sehr anspruchsvoll ist, finden sich stets Beispiele mit abgebildeten Designs, um die komplexe Materie zu veranschaulichen. Auch hilfreiche Praxishinweise finden sich vielerorts. Zudem können gerade auch fundierte Auffassungen zu Themen, die in anderen Kommentaren oder in Entscheidungen bisher nur stiefmütterlich oder gar nicht angesprochen werden, hier gefunden werden.

Zweifelsohne ist der hier besprochene Kommentar uneingeschränkt empfehlenswert, und zwar nicht nur für die Bibliothek des designrechtlich orientierten Praktikers, sondern auch für die des Wissenschaftlers.”

Patentanwalt Dipl.-Ing. Prof. Dr. jur. Alexander Bulling, DREISS Patentanwälte PartG mbB, Stuttgart

WRP 3/2024

„Der hier besprochene Handkommentar ist ein in jeder Hinsicht gewichtiges Werk. Er enthält nicht allein eine vollständige Kommentierung des Designgesetzes samt der im Titel angekündigten, eingehenden Hinweise zum Gemeinschaftsgeschmacksmusterrecht, sondern er erfüllt darüber hinaus auch die Funktion eines Handbuchs zu wichtigen Themen des Designschutzes. So werden in Teil A die Geschichte des Designschutzes (Zentek, S. 23-27) sowie die Besonderheiten des nicht eingetragenen Geschmacksmusters behandelt (Maierski, S. 75-99), Teil B (S. 103-1034) enthält die umfangreiche, mit zahlreichen Praxishinweisen versehene und anschaulich bebilderte Kommentierung, und Teil C widmet sich weiterführenden Fragen. Dargestellt werden das Verhältnis des Designschutzes zu anderen Schutzmöglichkeiten (Urheberrecht und zum UWG-Nachahmungsschutz (Zentek, S. 1037-1071), Vorlagenfreibeuterei und Schutz von Designs als Geschäftsgeheimnisse (Zentek, S. 1072-1088) sowie Verhältnis von Design- und Markenrecht (Fromlowitz/Reimers, S. 1089-1097), die durch technologische Entwicklungen aufgeworfenen Fragen (Künstliche Intelligenz und Design [Dornis, S. 1099-1128] sowie 3D-Druck [Gerstein/Zentek S. 1129-1157]) sowie schließlich die unter dem Aspekt der Entwerferinteressen bedeutsamen Fragen (Entwerferpersönlichkeitsrecht, S. 1159-1167; Vergütungsfragen S. 1168-1193 und Zuordnung und Verwertbarkeit gestalterischer Forschungsergebnisse 1195-1213, alle verfasst von Zentek). Der Orientierung innerhalb des Werkes dienen ein Inhalts- und Stichwortverzeichnis; verzichtet wurde auf ein Entscheidungsregister sowie einen Textanhang.

Durch die vertiefte Behandlung von Einzelthemen, die im üblichen Rahmen einer Kommentierung nicht möglich wäre, heben sich die Herausgeber bewusst von vorhandenen Kommentaren ab. Eine weitere von den Herausgebern betonte Besonderheit des Kommentars besteht darin, dass er „mutig“ sein will, indem offene Fragen angegangen und das geltende Recht in seiner Herausbildung durch Gesetz und Rechtsprechung nicht nur umfassend präsentiert, sondern auch kritisiert wird, wo es nach Auffassung der Autoren und wohl insbesondere der Herausgeber inhaltliche Schwächen und Inkonsistenzen aufweist. Insgesamt verfolgt der Kommentar dabei eine betont schutzrechtsfreundliche Linie. Dies zeigt sich u.a. an der Kritik, die an dem Sichtbarkeitserfordernis von § 4 DesignG (Art. 4 Abs. 2 Buchst. a GGV) geübt wird. Dabei findet der Umstand, dass das EuG Sichtbarkeit nicht allein bei Art. 4 Abs. 2 Buchst. a, sondern bereits als generelle Voraussetzung der Schutzfähigkeit nach Art. 3 Buchst. a GGV prüfen will, und zwar unabhängig von der eingetragenen bzw. angemeldeten Form (s. EuG T-494/12, BeckRS 2014, 81808 Rn. 20 Biscuits Poult, mAnm Bogatz, GRUR-Prax 2014, 505) erstaunlicherweise in der entsprechenden Kommentierung keine Erwähnung (Gerstein, § 1 Rn. 35 ff.). Es dürfte auch zumindest künftig keine Rolle mehr spielen, da die im November 2022 vorgelegten (und daher bei der Kommentierung noch nicht berücksichtigten) Reformvorschläge zur Designgesetzgebung ausdrücklich festschreiben, dass sich der Designschutz nach den in der Anmeldung offenbarten Erscheinungsmerkmalen bestimmt. Auch hinsichtlich des Sichtbarkeitserfordernisses bei Teilen komplexer Erzeugnisse hat die Rechtsprechung inzwischen für insoweit für Klarstellung gesorgt, als übermäßig strikte Erfordernisse iS eines „bestimmungsgemäßen Gebrauchs“ abgelehnt werden (EuGH C-472/21, GRUR 2023, 482 – Monz; BGH, GRUR 2023, 1290 – Sattelunterseite II). Dass eine einschränkende Anwendung ohnehin durch den Drei-Stufen-Test gem. Art. 26 Abs. 2 TRIPS geboten sei, ist ein interessanter Gedanke (Hackbarth, § 4 Rn. 288); allerdings ergeben insoweit sich Zweifel, da es nicht um eine Schrankenregelung, sondern um eine Ausschlussregelung geht, bei der dem nationalen Recht grundsätzlich ein größerer Spielraum verbleibt. Dass es u.U. systematisch stimmiger wäre, eine Schrankenregelung vorzusehen, die die Nachbildung nicht sichtbarer Designelemente erlaubt, ohne insgesamt zu einem Schutzausschluss zu führen (Hackbarth a.a.O Rn. 40 ff.) mag grundsätzlich einleuchten; Abgrenzungsschwierigkeiten im Einzelfall würden dadurch allerdings nicht ausgeschlossen.

Solche Abgrenzungsschwierigkeiten bestehen in besonderem Maße auch beim Schutzausschluss für technisch bedingte Designelemente, dessen Handhabung einen weiteren Schwerpunkt kritischer Anmerkungen darstellt. Für die Praxis ist dies ohnehin eine schwer zu durchdringende Thematik; die von der EuGH-Rechtsprechung genannten Kriterien sind kaum geeignet, klare Entscheidungsgrundlagen zu liefern. Die Kommentierung hält diese Kriterien bereits im Ansatz für verfehlt und demontiert mit einiger Gründlichkeit die für die Ablehnung der vor der Harmonisierung des deutschen Rechts herrschenden Formenvielfaltstheorie angeführten Gründe (Zentek/Gerstein, § 3 Rn. 160 ff., 181). Diese Ausführungen sind eine vertiefte Diskussion allemal wert, auch wenn kaum Chancen für eine Änderung von Rechtsprechung oder Gesetz bestehen.

Anregend und gedankenreich sind auch die Überlegungen von Zentek zum Verhältnis von Designschutz und Urheberrecht sowie zum wettbewerbsrechtlichen Nachahmungsschutz. Mit Blick auf die Entscheidungen Cofemel (EuGH, 12.09.2019 – C-683/17, WRP 2019, 1449) und Brompton Faltrad (EuGH, 11.06.2020 - C-833/18, WRP 2020, 1006) wird grundsätzlich festgestellt, dass die Chancen für Urheberrechtsschutz, zumal im Bereich von Textilien (und anderen nicht-technischen Gestaltungen), deutlich gestärkt wurden (Zentek, Teil C Kap.1 Rn.27). Zwar habe der EUGH in Cofemel darauf hingewiesen, dass die Kumulation von Design- und Urheberrechtsschutz auch künftig ,,bestimmten Fällen" vorbehalten bleiben soll; dies sei jedoch nicht im Sinne von ,,wenige Fälle" oder Ausnahmefälle zu verstehen (Zentek Teil C Kap. 1 Rn. 26). Dass die ästhetische Wirkung einer Gestaltung nicht als eine allein ausreichende Voraussetzung des Schutzes betrachtet wird, entspreche der Auffassung des BGH, die insoweit unionsrechtskonform sei (Zentek, Teil C Kap. l Rn.24, 56 ff.). Kritisiert wird die BGH-Rechtsprechung jedoch insoweit, als sie sich auf den urheberrechtlichen Schutz technisch bedingter Gestaltungen bezieht. Hier hatte der BGH in ,,Seilzirkus"(GRUR 2012, 58) erklärt, dass die für die Schutzbejahung erforderliche künstlerische Gestaltung nicht gegeben sei, wenn sämtliche Merkmale eines Gebrauchsgegenstandes seinem Gebrauchszweck dienen, selbst wenn sie frei wählbar oder austauschbar sind. Diese Argumentation verkenne, dass auch die freie Wählbarkeit technischer Elemente Grundlage einer kreativen Entscheidung sein kann (Zentek, Teil C Kap. 1 Rn.34 f.). Letzteres entspricht auch der Position des EUGH. Zu Recht weist Zentek allerdings darauf hin, dass der EUGH kaum brauchbare Anhaltspunkte für die Unterscheidung zwischen ,,bloßer Auswahl" und ,,kreativem (Auswahl-) Entscheidungsprozess" geliefert hat (Zentek, Teil C Kap. 1 Rn.50).

Inzwischen sind beim EuGH zwei Vorlagen - aus Schweden und aus Deutschland - zu diesem Fragenkomplex anhängig. Bei dem deutschen Verfahren geht es um den Schutz des unter der Bezeichnung ,,USM Haller" bekannten Möbelsystems (BGH, 21.12.2023 - I ZR96/22, WRP 2024, 209). Im Beitrag von Zentek wird die den Urheberrechtsschutz bejahende Entscheidung des LG Düsseldorf eingehend als Positivbeispiel zitiert (Teil C Kap.1 Rn. 57 ff.). Das OLG Düsseldorf - dessen Entscheidung noch nicht berücksichtigt werden konnte - kam jedoch zu einem anderen Ergebnis. Der BGH steht der Begründung des OLG erkennbar kritisch gegenüber. Da sich der EuGH aufgrund des ähnlich gelagerten, aktuell ebenfalls anhängigen Verfahrens aus Schweden (C-580/23 - Mio) ohnehin mit der Problematik beschäftigen wird, hielt er es jedoch für angezeigt, das Verfahren auszusetzen und seinerseits Fragen zur Auslegung und Handhabung der Schutzkriterien vorzulegen. Ob dies zu einem besseren, unionsweit einheitlichen Verständnis führen wird, ist abzuwarten.

Ungeachtet der Entwicklungen im Urheberrecht bleibt der ergänzende Nachahmungsschutz nach UWG praktisch bedeutsam. Dies zeigt sich nicht zuletzt beim Schutz serieller (Produkt-)Gestaltungen, der im Urheber- wie auch im Designschutz (und auch im Markenrecht) nur in eingeschränktem Maße gewährt werden kann (Zentek, Teil C Kap. 1 Rn. 86 ff.). Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass sich nach der im deutschen Recht anerkannten Rechtspraxis die wettbewerbliche Eigenart einer Gestaltung auch aus rein technisch bedingten Merkmalen ergeben kann, und die Nachahmung solcher Merkmale als unlauter gilt, wenn sie nicht technisch notwendig ist. Damit kann Nachahmungsschutz auch nach Ablauf eines technischen Schutzrechts in Anspruch genommen werden. Ein Wertungswiderspruch gegenüber dem Immaterialgüterrecht wird darin nicht erblickt, da es sich nicht um ein objektbezogenes Ausschließlichkeitsrecht mit Wirkung erga omnes, sondern um einen verhaltensbezogenen Schutz gegenüber Wettbewerbern handelt (Zentek, Teil C Kap. I Rn. 74). Unter systematischen Aspekten ist diese Argumentation stimmig; in der Praxis ist der Unterschied allerdings kaum spürbar, soweit die Gestaltung überhaupt im Wettbewerb benutzt wird. Nicht angesprochen wird in diesem Zusammenhang die Vereinbarkeit mit europäischem Recht, die sich wegen des beschränkten Anwendungsbereichs der UGP-Richtlinie nicht an sekundärem Unionsrecht, sondern am Primärrecht ausrichtet. Danach könnte die Aufrechterhaltung der überkommenen Rechtsprechung jedenfalls dort problematisch sein, wo - anders als in der bislang einzigen Leitentscheidung ,,Beele" (EuGH, 02.03.1982 - C-6/81, Slg 1982, 707) - die Nachahmung lediglich potenzielle, nicht jedoch faktische Irreführungsgefahren auslöst.

Damit konnten nur wenige Beispiele der zahlreichen unter praktischen wie wissenschaftlichen Aspekten relevanten Informationen und Denkanstöße des Werks angesprochen werden. Den Herausgebern ist es gelungen, durch die innovative Konzeption und Struktur des Bandes, ihre eigenen Beiträge und nicht zuletzt durch das Zusammenwirken mit einem motivierten Autorenteam ein bemerkenswert "rundes" Werk vorzulegen.”

Annette Kur
Prof. Dr. Dr. h.c., affiliated researcher, Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb, München

sic! 5/2023

„Das für die gesamte Europäische Union harmonisierte Designschutzsystem ist mehr als 20 Jahre alt und wurde im Hinblick auf eine Revision der einschlägigen Richtlinie in den letzten Jahren umfassend geprüft. Ein guter Zeitpunkt also für einen neuen Kommentar. Sein Titel ist allerdings irreführend. Das in erster Auflage bei Nomos erschienene und 1309 Seiten starke Werk beschränkt sich nämlich nicht auf eine Kommentierung des deutschen Designgesetzes und des Unionsrechts. Vielmehr enthält es eine umfassende und moderne Darstellung des rechtlichen Schutzes von Produktgestaltungen aus deutscher und teilweise rechtsvergleichender Sicht sowie zahlreiche Praxishinweise.

Die Mitherausgeberin Sabine Zentek ist jedem, der sich mit dieser Materie beschäftigt, u.a. dank ihrer 2008 in zweiter Auflage erschienenen „Fallsammlung zum Schutz kreativer Leistungen in Europa“ und ihrer 2016 erschienenen „Geschichte des Designschutzes“ bekannt. Sie hat auch die zentralen Teile des von ihr zusammen mit Hans Joachim Gerstein herausgegebenen Handkommentars verfasst. Ihr selber treu vertritt sie mutig, aber stets auf wissenschaftliche Weise eigene Meinungen, indem sie bisher vernachlässigte Zusammenhänge aufzeigt und die Rechtsprechung kritisch hinterfragt. Auch die anderen Autoren gehören zu den führenden Spezialisten in diesem Bereich, allen voran Ralf Hackbarth.

Besonders erwähnenswert ist zunächst die tiefschürfende Darstellung der für das Verständnis der Normen unentbehrlichen Geschichte des rechtlichen Schutzes von Designs, mit welcher Zentek sich schon früher beschäftigt hat, nämlich in "Geschichte des Designschutzes" von 2016 und "Design(er) im Dritten Reich – Gute Formen sind eine Frage der richtigen Haltung" von 2008. Schon aus der Bezeichnung des ersten deutschen Gesetzes zum Schutz von Designs "Urheberrecht an Mustern und Modellen vom 11.1.1876" wird deutlich, dass das Designrecht aus dem Urheberrecht hervorgegangen ist und schicksalshaft mit diesem verbunden ist. Angesichts der "Infopac" Rechtsprechung des EuGH mutet ein Bericht des deutschen Reichstages prophetisch an, wonach der Begriff des "Kunstwerks" bewusst nicht verwendet wurde. Denn mit diesem Ausdruck sei «die Auffassung verbunden, dass ein gewisser Grad künstlerischer Vollendung in dem Werk erkennbar sein müsse, um einen Anspruch auf Schutz gegen Nachbildungen zu haben". "Dieses durchaus willkürliche Kriterium muss soviel wie möglich ausgeschlossen werden."

Besonders am Herzen liegt Zentek das vom EuGH im Design-, im Marken- und jüngst auch im Urheberrecht weiter entwickelte und von den nationalen Gerichten und der Literatur erst ansatzweise geklärte Thema des Schutzes technischer Merkmale bei Gebrauchsprodukten. Diesem stellte sich das Reichsgericht schon 1932 anhand des von Mart Stam entwickelten Stahlrohrstuhls.

Dass die Form dieses Stuhls auch technisch bedingt sei, stünde dem Urheberrechtsschutz nicht entgegen. Hauptmerkmal sei „die strenge, folgerichtige Linienführung, die jeden überflüssigen Teil vermeide und in knappster Form mit den einfachsten Mitteln die moderne Sachlichkeit verkörpere“. Ausdrücklich nicht erforderlich sei, dass bei dem Stuhl ästhetische Zwecke überwiegen. Und auch angemeldete technische Schutzrechte sprachen gemäss dem Gericht nicht gegen einen Schutz durch das Urheberrecht. Eine Auffassung nota bene, zu der das Schweizer Bundesgericht rund 100 Jahre später im Fall eines von Max Bill entworfenen Barhockers auch kam.

Der BGH aber entschied 50 Jahre nach "Stahlrohrstuhl", dass zwischen dem Urheber- und dem Geschmacksmusterrecht "kein Wesens-, sondern nur ein gradueller Unterschied" bestehe. Das vielzitierte Urteil "Silberdistel" von 1995 besiegelte die sog. "Stufentheorie", nach welcher ein Design für die Urheberrechtsschutzfähigkeit "ein noch weiterer Abstand, das heisst ein deutliches Überragen der Durchschnittsgestaltung" aufweisen müsse. Es dauerte weitere rund 50 Jahre, bis der BGH vor dem Hintergrund der gesetzlichen Verselbständigung des designrechtlichen vom urheberrechtlichen Schutz von Produktgestaltungen diese Theorie im Urteil "Geburtstagszug" von 2013 wieder aufgab.

Zentral sind selbstverständlich die durch zahlreiche Beispiele illustrierten Ausführungen von Zentek zu den Schutzvoraussetzungen der Neuheit und der Eigenart und in diesem Zusammenhang insbesondere ihre kritische Auseinandersetzung mit der EuGH Entscheidung "Duschabflussrinne".

Besonders lesenswert sind auch die von der grossen praktischen Erfahrung der Autorin zeugenden Ausführungen zum Schutzausschlusskriterium der "ausschliesslichen technischen Bedingtheit", in welchen Zentek das von ihr heftig kritisierte Urteil "Seilzirkus" in Zusammenhang zum deutschen lauterkeitsrechtlichen ("Bodendübel" und "Exzenterzähne") und zum unionsrechtlichen Designschutz ("Doceram") stellt. Im Kapitel "Designs im Verhältnis zum Urheberrecht und UWG-Nachahmungsschutz" wirft sie dem BGH vor, bei seiner Beurteilung das tatsächliche Vorgehen von kreativen Menschen wie Designern und Architekten zu verkennen. Die Technik stehe der schöpferischen Gestaltung nicht im Wege, sondern ermögliche sie geradezu. "Sie ist vergleichbar mit dem Pinsel eines Malers, den Noten eines Komponisten, den Instrumenten eines improvisierenden Musikers und so weiter".

Weit über eine Kommentierung des Designgesetzes hinaus geht auch das Kapitel "Die Vorlagenfreibeuterei und der Schutz von Designs als Geschäftsgeheimnis". Zukunftsorientiert sind die abschliessenden Ausführungen zu den neuen Technologien, also zur Künstlichen Intelligenz und zum 3D-Druck.”

Michael Ritscher, Dr. jur., LLM (Georgetown), Rechtsanwalt, Zürich

GRUR 2023, 393

„Das Designrecht hat – auch durch die Einführung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters auf europäischer Ebene – in der Rechtspraxis eine erhöhte Bedeutung erlangt. Dazu beigetragen haben sicherlich auch rechtspolitische Diskussionen wie z.B. zur Reparaturklausel, die seit kurzer Zeit auch in Deutschland gesetzlich geregelt ist. Auf europäischer Ebene ist eine umfassende Überarbeitung der GGV sowie der Musterschutz-Richtlinie 98/71/EG in Arbeit.

Eine weitere Kommentierung in diesem Rechtsbereich ist daher sehr willkommen. Der neu konzipierte Kommentar zum DesignG, herausgegeben von Rechtsanwältin Sabine Zentek und Patentanwalt Hans Joachim Gerstein, enthält eine vollständige Kommentierung des DesignG und nimmt ergänzend auf Unterschiede und Entwicklungen im Bereich der Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung (GGV) Bezug. Daneben wird die Rechtsprechung der europäischen Gerichte zu Gemeinschaftsgeschmacksmustern, insbesondere für den Bereich der Schutzfähigkeit, berücksichtigt. Das nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster wird in einem eigenständigen Teil in der Einleitung (Maierski) erläutert. Damit erhält der Nutzer einen umfassenden Überblick zu den designrechtlichen Fragestellungen, auch wenn die Nutzbarkeit für Gemeinschaftsgeschmacksmuster durch die fehlende Behandlung z.B. der prozessualen Besonderheiten (Art. 79 ff. GGV) eingeschränkt ist.

Die Herausgeber haben sich bei der Kommentierung das Ziel gesetzt, eigene Schwerpunkte zu setzen. Diese Schwerpunkte finden sich vor allem bei den Voraussetzungen der Schutzfähigkeit (§§ 2 ff. DesignG) und der Beurteilung des übereinstimmenden Gesamteindrucks bei der Verletzung (§ § 38 DesignG). Hervorzuheben ist die Vielzahl von ausführlich abgehandelten Entscheidungen, zu denen auch Abbildungen der betroffenen Muster präsentiert werden, vgl. §§ 2, 3 sowie § 38 (Zentek) und auch § 11 (Gerstein). Diese Ausführungen gehen über eine übliche Kommentierung weit hinaus. Für das Verständnis der Entscheidungen ist das sehr hilfreich, „Design ist visuell“, wie auch die Herausgeber betonen.

Die Kommentierung setzt weitere Schwerpunkte z.B. bei den Erläuterungen zur Abgrenzung zwischen Eigenart im Designrecht und erfinderischer Tätigkeit im Patentrecht (§ 3, Gerstein). Daneben werden in einem der Kommentierung nachgelagerten Abschnitt die Abgrenzung zwischen dem Designrecht und dem UWG bzw. dem Markenrecht wie auch das Thema künstliche Intelligenz und 3D-Druck bzw. gestalterische Forschungsergebnisse von Hochschulen behandelt. Diese Erläuterungen umfassen eine ausführliche Behandlung dieser Themen, die nicht nur die rechtlichen Fragestellungen, sondern darüber hinaus die tatsächlichen Hintergründe beleuchten.

Bei dem grundlegenden Thema der Berücksichtigung der Musterdichte und des Abstands zum Formenschatz bei der Bestimmung des Schutzumfangs eines Designs kritisiert Zentek ausführlich die deutsche Rechtsprechung. Berücksichtigt man die Musterdichte und den Abstand zum Formenschatz bei dem Schutzumfang eines Musters – wie von Zentek vorgeschlagen – nicht, folgt daraus aus Sicht des Unterzeichners freilich, dass – mit Ausnahme technischer Erfordernisse – Muster unabhängig von der gestalterischen Leistung (in Form des Abstands zu bekannten Gestaltungen) einen identischen Schutzumfang hätten.

Zu der neu im Gesetz vorgesehenen Reparaturklausel (§ 40a DesignG) arbeitet Hackbarth ausführlich die Unterschiede zur Reparaturklausel in der GGV (Art. 110 GGV) heraus.

Die Autoren sind ganz überwiegend erfahrene Praktiker im Bereich des Designrechts. Die Kommentierung ist durchgängig fundiert und eine hervorragende Grundlage für die Auseinandersetzung mit den designrechtlichen Fragestellungen.

Der Kommentar eignet sich für Rechts- und Patentanwälte wie auch Juristen und Richter für die Auseinandersetzung mit den designrechtlichen Fragen. Es handelt sich um eine Neuerscheinung, die ihren Platz auf dem Markt finden wird. Mit der ausführlichen Darstellung ausgewählter Entscheidungen sowie dem Herausgreifen verschiedener Themen setzt die Kommentierung eigenständige Schwerpunkte, die der Leser in anderen Werken nicht findet.”

Dr. Dirk Jestaedt, Rechtsanwalt, Düsseldorf

juralit.online

„Der neue Handkommentar erläutert das reformierte Designrecht und gleichzeitig auch das EU – Gemeinschaftsgeschmacksmusterrecht. In den letzten Jahren ist das Designrecht zunehmend unter europarechtlichen Einfluss geraten, wozu nicht zuletzt die Entscheidungen der Beschwerdekammern bei der EUIPO sowie der Nichtigkeitsabteilung neben den Entscheidungen des EuGH und des EuG beigetragen haben. Es lag daher nahe in die Kommentierung auch die GemeinschaftsgeschmacksmusterVO einzubeziehen. Die Kommentierung erläutert den gesamten in Deutschland geltenden Rechtsrahmen für das Designrecht.

Die Erläuterungen gehen insgesamt davon aus, dass das Designrecht in seiner Anwendung von der Rechtsprechung geprägt ist und dabei – wie die Kommentierungen deutlich zeigen – nicht immer frei von Widersprüchen ist. Der neue Kommentar fördert ein tiefergehendes Verständnis der Entstehung und Nutzung von Gestaltungen, insbesondere wenn diese eine technische Funktion haben.

Diese Vorgehensweise erlaubt es auch die Bezüge zwischen Europarecht und nationalem Recht deutlich herauszustellen, da die GGV in vielen Bereichen auf nationales Recht verweist, etwa im Bereich des Anspruchssystems. Eingehend berücksichtigt wird die teilweise unterschiedliche Entscheidungspraxis in den beiden Regelungsbereichen, so das sich entsprechende Schwerpunkte ergeben haben und die Unterschiede transparenter zu machen, weil ein unmittelbarer Vergleich möglich ist. Kritische Hinterfragungen und neue Argumentationslinien sind in diesem Bereich eher rar, werden hier aber auf hohem Niveau geboten.

Der HK-DesignG stößt in diese Lücke. Er geht den entscheidenden designrechtlichen Fragen unvoreingenommen auf den Grund, reflektiert dabei auch die Grundlagen der neueren Rechtslage, die zahlreiche, ungelöste Probeme aufgeworfen hat. Die Erläuterungen drehen argumentativ bildlich gesprochen jeden Stein um und kommt so zu neuen Argumenten, auch bei scheinbar ausjudizierten Themenstellungen, zu denen oftmals kritisch Stellung genommen wird. Die schutzfreudige Ausrichtung löst alltägliche Beratungsfragen ebenso wie hochkomplexe und auch unbekannte designrechtliche Sachverhalte – z.B. zum 3D-Druck oder zu künstlicher Intelligenz – rechtssicher, soweit dies derzeit möglich ist.

Die Vorzüge des Kommentars:

  • er kommentiert die designrechtlichen Vorschriften mit großer Detailtiefe (z.B. Schutzausschluss wegen technischer Bedingtheit, Schutzumfang im Vergleich zwischen deutscher und europäischer Rechtsprechung; Grundlagen der Schutzmöglichkeiten von Design in Abgrenzung zu „benachbarten“ gewerblichen Schutzrechten)
  • er hinterfragt begründungsstark Argumentationslinien (z.B. Kriterien der Musterdichte und des Abstandes vom vorbekannten Formenschatz, da hier meist die Hauptprobleme im Anmeldeverfahren liegen)
  • stellt bislang wenig beachtete Zusammenhänge her (z.B. Designs als Forschungsergebnisse von Hochschulen, Vergütungen von Designleistungen)
  • vermittelt, soweit erforderlich, auch das technische Hintergrundwissen (z.B. 3D-Druck, Verständnis technischer Schutzrechte).

Der Kommentar ist sehr praxisnah ausgerichtet und geht auf alle Unterschiede des deutschen Designgesetzes zur Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung (GGV) ein und legt Widersprüche offen. Die Erläuterungen enthalten durchgehend auch taktische Erwägungen (geht für das Anmeldeverfahren und das Widerspruchsverfahren), mit vielen Abbildungen von Designs, Musterformulierungen und Checklisten. Die Schwerpunkt sind topaktuell gesetzt, so beim Schutz von Designs als Geschäftsgeheimnissen, Künstlichet Intelligenz und 3D-Druck.

Berücksichtigt werden aber angesichts der zahlreichen Sachzusammenhänge auch die internationale Eintragung. Die Kommentierung geht an geeigneten Stellen auch die Folgen des BREXIT für das Designrecht ein. Berücksichtigt werden überdies die Auswirkungen des Inkrafttretens des UMV und des UMDV mit Auswirkungen auf das geschmacksmusterrechtliche Nichtigkeitsverfahren im Beschwerdeverfahren vor der EUIPO in Alicante.

Das reformierte deutsche Designrecht bietet, nach europäischem Vorbild, Schutz für Muster und Modelle. Seitdem ist der Schutz äußerer Erscheinungsbilder leichter als bisher möglich. In diesem bewährten, von anerkannten Experten verfassten Werk ist neben dem Designgesetz jetzt auch die EU-Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung entsprechend berücksichtigt, so etwa in der Einleitung hinsichtlich des nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters. Praktiker auf dem Gebiet des Gewerblichen Rechtsschutzes, auch Nichtjuristen, finden in diesem Standardwerk Antwort auf alle Zweifelsfragen, wobei auch Problembereiche angesprochen werden, die noch nicht entschieden wurden. Nach der Kommentierung des DesignG in Teil B geht Teil C handbuchartig auf bestimmte zentrale Problembereiche, wie der Abgrenzung zum Urheberrecht und dem Nachahmungsschutz des UWG ein, der oftmals eingesetzt wird, wenn kein eingetragener Designschutz besteht. Eingegangen wird auch auf Vorlagenfreibeuterei, neue Technologien, Entwerferinteressen und Forschungsergebnisse.

Der ausgezeichnete, neue Kommentar greift selbstredend alle aktuelle Tendenzen auf, wie die anhaltende Entwicklung bei den Verletzungsklagen, für die Neuerungen eingeführt wurden. Die Einwendung der Nichtigkeit des Klagedesigns ist nur noch möglich, wenn vor dem DPMA ein Nichtigkeitsantrag gestellt oder eine Nichtigkeitsklage eingereicht wurde. Dieses Verfahren wird detailliert kommentiert. Erfasst sind aber auch die erheblichen Entwicklungen beim Anmeldeverfahren, bei der Systematik der Nichtigkeitsgründe, beim Sanktionssystem sowie bei der örtlichen Zuständigkeit bei Gemeinschaftsgeschmacksmustern.

Die systematische und praxisnahe Kommentierung enthält eine umfassende Erläuterung des deutschen Rechts, mit allen europarechtlichen Bezügen und geht interessante neue Wege.”

Ralf Hansen, Rechtsanwalt, Düsseldorf | Quelle: juralit.online